Essays
Perry Rhodan - der Film und andere unmögliche Filmprojekte
(aus SOL 38)
Perry Rhodan als Film – welcher geneigte Fan träumt nicht davon, den „Erben des Universums“ in bewegten Bildern Abenteuer bestehen zu sehen? Ich jedenfalls warte schon seit den ersten Bekanntmachungen, dass ein Film bzw. eine Reihe von Fernsehspielen produziert werden soll, sehnsüchtig auf die Ausstrahlung. Das scheint aber noch zu dauern. Trotzdem mache ich mir schon heute so meine Gedanken... denn wie jeder andere Fan – das setze ich einmal voraus – möchte ich nicht, dass ein neuer Perry – Rhodan – Film ein solches Fiasko wird wie „Operation Stardust“ von 1967, der den prophetischen Originaltitel „...4...3...2...1...morte“ trägt, denn er ist zum Sterben schlecht...
Am Anfang meiner Betrachtung steht naturgemäß die inquisitorische – vielleicht aber auch ketzerische – Frage, ob eine Serie, ein Phänomen wie Perry Rhodan überhaupt verfilmt werden kann.
Wie soll ein Fim oder eine TV – Reihe auch nur ansatzmäßig eine Handlungsfülle erfassen, die sich seit über vierzig Jahren entfaltet und entwickelt hat? Welche Storyline, welchen Zyklus soll man heranziehen, oder soll man vielleicht doch eine völlig neue Geschichte erzählen? Bevor ich eine Antwort auf diese Fragen zu geben versuche – aus dem Blickwinkel des erwartungsvollen Fans nämlich – möchte ich zwei andere Beispiele für „unmögliche“ Filmprojekte anführen und vorstellen.
Zum einen ist dies einer der Klassiker der Science Fiction überhaupt: „Der Wüstenplanet“ oder „Dune“, so der englische Originaltitel, von Frank Herbert. Das Universum von „Dune“ zeichnet sich durch eine ungeheure Komplexität aus. Neben vielen Schauplätzen gibt es auch eine ganze Reihe von wichtigen Personen und Personengruppen, kurz: die Saga um den Wüstenplaneten erfordert eine Vielzahl von Drehorten, die mehr oder weniger fremdartig anmuten, und eine nahezu unübersehbare Menge von Ausstattungsgegenständen. Vor allem jedoch ist es die vielschichtige Handlung, die es so schwer macht, ein stringentes Drehbuch zu verfassen.
Dabei ist aus Sicht der Produzenten die Frage des Drehbuchs noch nicht einmal der wichtigste Aspekt in den Überlegungen, ob und wie man ein literarisches Werk verfilmt. Am wichtigsten sind – wie sonst überall auch – die dafür entstehenden Kosten und die daraus zu erwartenden Gewinne. Hier gibt es eine klare Rechnung: je mehr Drehorte, je mehr Darsteller, je mehr Effekte, desto teurer wird das Ganze. Hier treffen immer wieder wirtschaftliche und künstlerische Interessen aufeinander, und die künstlerische Seite bleibt allzu oft auf der Strecke.
Nicht jedoch so bei der ersten Verfilmung des Wüstenplanet – Stoffes. Unter der Regie von David Lynch versammelten sich 1984 großartige Künstler, Schauspieler wie Kyle MacLachlan, Francesca Annis, Jürgen Prochnow und natürlich Sting, der Komponist Brian Eno, der Kameramann Freddie Francis und viele andere mehr. Von dem Film mag man halten, was man will, inhaltlich stellt er jedenfalls nur eine grobe Annäherung an den Stoff dar, Lynch erlaubt sich eine Menge signifikanter Abweichungen – ich sage nur: Regen! – dennoch ist der Film für sich betrachtet sehr gut, denn er hat eine durchgehende Stimmung, die einen nicht kalt lässt. Auch optisch gehört er meines Erachtens zu den Leckerbissen des Genres, auch wenn die Tricks natürlich nicht heutigen Standards genügen können. Dennoch ist Lynch nach eigener Aussage mit dem Ergebnis nicht zufrieden – er hat sogar von einer erweiterten Version seinen Namen zurück gezogen – wie auch eine Vielzahl Fans enttäuscht bis entsetzt waren.
Über fünfzehn Jahre später, im Jahr 2000, kam es dann zu einer Neubearbeitung des Stoffes fürs Fernsehen. Regisseur und Drehbuchautor John Harrison nimmt sich gut 270 Minuten Zeit, den Stoff neu und werkgetreuer als Lynch zu präsentieren. Auch Harrison kann eine ansehnliche Künstlerriege aufbieten, z.B. William Hurt, Uwe Ochsenknecht und Giancarlo Giannini unter den Schauspielern, den Track komponierte Graeme Revell. Ferner bietet der Film durchaus ansehnliche Effekte, die natürlich zeitgemäß vom Computer animiert sind. Dennoch hat mich die TV – Fassung nicht überzeugt, denn wie bei so vielen Fernsehfilmen kommt einfach nicht die Stimmung auf, die einen Film erst zum Genuss werden lässt. Die Schauspieler – die von den oben genannten abgesehen wie eine Versammlung aus einer der unzähligen Daily Soaps wirken, denn alle sind sie jung und schön... – bleiben ziemlich blass, und der ein oder andere Drehbucheinfall wirkt skurril.
Immerhin war diese Verfilmung so erfolgreich, dass sie eine Fortsetzung nach sich zog, „Children Of Dune“, die mit ebenso schönen und jungen Akteuren ebenfalls solide Unterhaltung bot – aber nicht wirklich mehr.
Bisher, so meine Folgerung, steht die ultimative Filmfassung des genialen Stoffes von Frank Herbert also noch aus.
Vom „Herrn der Ringe“ gibt es sie dagegen schon, wenn auch der erste Versuch noch grandios gescheitert ist – ich spreche von der animierten Version von Ralph Bakshi, die mir auch heute noch trotz ihrer vielen Mängel (vor allem die drastischen Kürzungen der Vorlage) immer noch sehr gut gefällt, weil viele Charaktere sehr gut getroffen wurden und der Film insgesamt eine tolle Stimmung hat.
Natürlich ist aber die Verfilmung des Meisterwerks von J.R.R Tolkien durch Peter Jackson mein zweites Beispiel eines „unmöglichen“ Filmprojekts, wenn auch Jackson sich inhaltlich einige üble Freiheiten erlaubt hat, ich nenne nur die Stichworte Sarumans Ende und Tom Bombadil (der für die Handlung zugegeben nicht wirklich wichtig ist, aber trotzdem für eine der schönsten Sequenzen des Romans steht). Peter Jackson hat aber ungleich mehr goldrichtig gemacht. Angefangen bei einer Vielzahl prominenter Schauspieler, die völlig in ihrer Rolle aufgegangen sind (Ian McKellen als Gandalf, Elijah Wood als Frodo, um nur zwei zu nennen), über die atemberaubenden Effekte (ich sage nur: Gollum!) bis zur phantastischen Musik von Howard Shore zeigt er den „Herrn der Ringe“ so, wie ich ihn immer schon sehen wollte. Natürlich hatte er ein astronomisches Budget zur Verfügung, aber er hat wirklich das optimale Ergebnis daraus gemacht. Es ist also möglich, konstatiere ich, eine komplexe Vorlage in einen phantastischen Film mit jederzeit glaubwürdigen Charakteren, perfekten „Aliens“ und einer schier sinnbetäubenden Optik in ein echtes Filmerlebnis zu verwandeln.
Für den geplanten Perry – Rhodan – Film lässt mich dies auf das Beste hoffen!
Worauf aber kommt es bei der Verfilmung dieses epischen Stoffes an? Hierzu möchte ich einige Fragen, die mich in diesem Zusammenhang beschäftigen, mit meinen Antworten versehen.
1) Was soll verfilmt werden?
Bisherigen Beiträgen zum Thema entnehme ich, dass grundsätzlich zur Verfilmung einer Originalstory tendiert wird, was schlicht bedeutet, dass eine völlig neue Story die Grundlage für ein Drehbuch bildet. Die Alternative ist die Adaption einer bestehenden Storyline, z.B. eines Zyklus’, für den Film. Beide Ansätze bieten jeweils Vor- und Nachteile.
Die Umsetzung eines Originaldrehbuchs hat den Vorteil, dass eine Geschichte erzählt wird, die wirklich neu ist. In diesem Fall ist es nicht nötig, den kompletten Hintergrund der Serie, was die Figur des Perry Rhodan, seine Mitstreiter und Kontrahenten und das sonstige Umfeld betrifft, komplett zu erklären. Eine kurze Einleitung in das unmittelbare Geschehen genügt. Eine neue Geschichte muss sich nicht mit langen Einleitungen und Erklärungen aufhalten, sie kann relativ zügig „zur Sache“ kommen, was innerhalb der begrenzten Laufzeit einer Fernsehproduktion, sagen wir maximal 120 Minuten, eine bessere Ausarbeitung von Plot und Charakteren ermöglicht. Hierdurch gewinnt ein Film in der Regel an Tiefe und deswegen an Qualität.
Dieser unbestreitbare Vorteil kann aber auch zu einem gewichtigen Nachteil werden. Der Hintergrund, quasi die Seele der Serie also, fällt bei dieser Variante mehr oder weniger unter den Tisch. Viele Fakten und Hintergründe werden ausgespart. Ein Zuschauer, der kein Fan der Romane ist, kann der Handlung trotzdem folgen. Ziel der Produktion muss ja auch sein, dass möglichst viele Menschen davon angesprochen werden, denn es herrscht ja nach wie vor das Diktat der Quote. Der Kenner der Szene weiß schließlich eh, worum es geht. Der gravierende Nachteil ist allerdings, dass der Bezug zur Vorlage relativ oberflächlich bleibt. Einerseits werden so auch Zuschauer angesprochen, die bisher keine PR – Romane gelesen haben, andererseits geht für die Fans ein Gutteil „Sense Of Wonder“ verloren. Es stellt sich damit die Frage, ob ein solcher Film wirklich noch für das Perry – Rhodan – Universum stehen kann. Provokativ ausgedrückt könnte diese Frage auch lauten: Was hat dieser Film abgesehen von den Namen der Charaktere eigentlich noch mit Perry Rhodan zu tun?
Wie sieht es nun aber aus, wenn die Vorlage auch wirklich als Vorlage dient? Dann muss eine Geschichte wesentlich deutlicher auf die Hintergründe des Geschehens eingehen. Man muss ja nicht gerade die gesamte Frühzeit der Dritten Macht haarklein importieren, aber ein früher Zyklus als Grundlage wäre trotzdem weniger erklärungsbedürftig als eine Handlung der Jetztzeit der ersten Auflage. Und es gab sie ja auch schon damals, die wirklich hervorragenden Storylines, ich erinnere nur an den MdI – Zyklus. Ich weiß, das ist laaaange her, aber gerade dieser Zyklus vereint eine Vielzahl von Elementen, die in der SF sowohl klassisch als auch populär sind: Fremde Galaxien, böse Imperien, Zeitreisen, faszinierende Aliens und nicht zu vergessen: Action satt! Der MdI – Zyklus steht wie kein Zyklus vorher für phantasievolle Space Opera vom Feinsten! Ich könnte mir einen Film, basierend auf diesem Zyklus, sehr gut vorstellen, schließlich ist mein Kenntnisstand der Serie (die Silberbücher) noch nicht ganz so weit fort geschritten, und ich erinnere mich noch lebhaft und gerne an die Romane des MdI - Zyklus. Andererseits stellt sich hier natürlich die Frage, ob die Leser der aktuellen Romane – oder auch nur diejenigen, die die dritte oder fünfte Auflage sammeln – von einem Stoff zu begeistern sind, der ein Perry – Rhodan – Universum zeigt, das heute praktisch nichts mit der Aktualität zu tun hat.
So gibt es keine eindeutige Antwort auf die Frage, was verfilmt werden soll. Da jedoch die PR – Redaktion eng in die Produktion eingebunden sein wird – so hoffe ich zumindest! – lehne ich mich entspannt zurück und warte ab, was geschieht. Denn die Mädels und Jungs werden das schon richtig machen, davon bin ich fest überzeugt!
2) Wie wichtig sind die Special Effects für den Film?
Herausragende Special Effects – im Folgenden SFX genannt – sind, darüber herrscht wohl allgemein Einigkeit, gerade für einen SF – Film unerlässlich, besonders für eine Story aus dem Perry – Rhodan – Universum, wo die Technik der Zukunft – Raumschiffe, Waffen, Gerätschaften etc. – und fremde, exotische Völker – Luft- und Wasserstoffatmer, Robotzivilisationen, Superintelligenzen etc. – zu den wichtigsten Handlungselementen gehören. Schließlich ist der vielzitierte „Sense Of Wonder“ eines der bedeutendsten Elemente, das die Faszination von Perry Rhodan ausmacht.
Mit heutiger Computer – Technik können endlich viele dieser Wesen und Dinge in überzeugender Weise dargestellt werden. Neben dem Computer ist aber noch mehr erforderlich, um am Ende wirklich tolle SFX zu erhalten, vor allem Maskenbildner und Modellbauer. Manche Effekte wirken eben nur dann real, wenn sie es zum Teil auch sind, und erst mit einer wohlüberlegten Kombination aller Möglichkeiten kann dieses Ziel erreicht werden.
Gerade in dieser Tatsache liegen aber auch große Gefahren. So ist trotz aller virtuellen Mittel eben nicht alles mit dem Computer machbar. Geht man aber den Weg konsequent zu Ende und erschafft die wirklich hervorragenden SFX so, wie es bestenfalls machbar ist, steigen die Kosten für diesen Aspekt der Produktion schnell ins Unermessliche. Jetzt könnte man argumentieren, dass diese Kosten halt an anderer Stelle eingespart werden können. Spätestens hier steht eine Entscheidung an, die über Wohl und Wehe des ganzen Projekts bestimmen wird. Leider werden nämlich allzu oft die Mittel für Drehbuch und Editing aus diesem Grund stark beschnitten, und davor kann ich nur mit äußerstem Nachdruck warnen. Denn wer will schon einen Film, dessen SFX einen förmlich aus den Latschen hauen, dessen Story aber dünn und voller logischer und inhaltlicher Fehler steckt. Gerade ein toller SF – Film muss nämlich beides haben: eine tolle Story UND tolle Effekte, und hier ist der Mittelweg zwischen den Extremen sehr dünn und voller Fallen. Meine Empfehlung ist: Haltet Euch an die Aussage von John Lasseter – das ist der Chef von Pixar, der Firma, die Kinoklassiker wie die „Monster AG“, „Findet Nemo“ oder aktuell „Die Unglaublichen“ produziert hat – der immer wieder betont, dass eine glaubwürdige und durchdachte Story mindestens genau so wichtig wie eine phantastische Optik ist, damit die Summe dieser Teile einen klasse Film ergeben. Der Mann hat Recht! Leider gibt es eine Vielzahl von Filmen, die genau daran kränkeln. Als Beispiel will ich hier nur „Van Helsing“ anführen, der von den Eckdaten her eigentlich ein einziges Erlebnis sein müsste: unter der Regie von Stephen „Die Mumie“ Sommers spielen Superstars wie Kate „Underworld“ Beckinsale und Hugh „Wolverine“ Jackman in einer Szenerie, deren Optik und SFX einfach atemberaubend sind. Leider jedoch ist die Story dermaßen schwachsinnig, lückenhaft und unlogisch, die Charaktere bleiben total flach und unglaubwürdig, so dass ich mich wirklich geärgert habe, für diesen Film im Kino Geld ausgegeben zu haben. Tolle Effekte allein tragen einen Film eben nicht!
3) Wie soll ein Perry – Rhodan – Film also aussehen?
Die Schlussfolgerung aus diesen Ausführungen kann für mich nur wie folgt lauten: Ich möchte einen Film sehen, der eine excellente Story in den Vordergrund stellt. Ich meine eine Geschichte, wie wir sie ja auch immer wieder in den Romanen präsentiert bekommen, nach deren Lektüre man gefangen ist vom „Sense Of Wonder“ und deren Klasse einen nicht so schnell wieder los lässt. Der Film kann dabei eine bereits bekannte Storyline erzählen oder auf ein Originalabenteuer zurückgehen, beides ist durchaus möglich. Grundsätzlich, und das möchte ich ein weiteres Mal ausdrücklich betonen, muss die Geschichte aber der Ausgangspunkt von allem sein, denn wenn die Geschichte stimmt, kann ein Film nicht mehr ganz schlecht werden. Ich setze hierbei ganz klar auf die Autorinnen und Autoren der Serie, denn sie allein haben das Feeling für eben so eine Story. Sie sollten deshalb unbedingt elementar an der Produktion beteiligt sein.
Dann muss natürlich sorgfältig überlegt werden, wer ein Projekt dieser Art am besten umsetzen kann. Dabei sollten vor allem aus der künstlerischen Ecke – also Regie, Produktionsdesign, Kamera und Ausstattung etc. – Leute ausgewählt werden, die sich bereits mit Werken des Genres beschäftigt haben. Auch eine gute Musik kann die Stimmung eines Films unglaublich positiv beeinflussen. Hier gibt es ja genügend Komponisten mit einschlägiger Erfahrung.
Hinzu kommen „State-Of-The-Art“ – SFX, um eine überzeugende Optik zu garantieren. Diese sind sozusagen das Sahnehäubchen auf einem beeindruckenden Filmgeschehen.
So ein Film wird definitiv ein Highlight des ganzen Jahres werden – aber er kostet auch entsprechend. Deshalb ist der Ansatz, die Produktion als internationale Zusammenarbeit zu konzipieren, sicher der einzig richtige Weg. Aber: viele Produzenten verderben den Film! Maß aller Dinge muss die künstlerische Qualität sein – der kommerzielle Erfolg stellt sich dann von ganz alleine ein. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung wohl vieler Produzenten ist das Publikum nämlich keineswegs zu doof, um ein künstlerisch hochwertiges Produkt zu schätzen. Ich hoffe, diese Einsicht kann sich endlich mal wieder durchsetzen... dann dürfen wir alle uns auf einen tollen Perry – Rhodan – Film freuen!