Gestatten, Reiner Frust

Drei englische Sonette

 

I

 

Hör zu, du armer Menschensohn,
Und sei gewarnt vor einem Feind!
Hör, dein Verlieren ist sein Lohn,
Auch wenn du Liebe hast gemeint.

 

Ganz lautlos schleicht er sich zu dir
- Dass er es immer wieder schafft! -
Und stürzt sich auf dich wie ein Tier
Und saugt an deiner Lebenskraft.

 

Drum fall’ bloß nicht auf ihn herein!
Ein Grinsen schon umzuckt den Mund
Im Schmerze suhlt er sich, in Pein,
Vor Lachen biegt er sich, der Hund.

 

„Und wieder steh ich hier, der Killer jeder Lust,
Du kennst doch meinen Namen, nicht? Gestatten, Reiner Frust.“

 

 

II

 

Auch ich bin schon so manches Mal
Geraten in sein Netz aus Leid,
Gewankt bin ich durchs Jammertal
Und hab so vieles schon bereut.

 

Doch er, er stand zu oft zuletzt,
Sein Triumphieren war der Schluss,
Drum biet ich ihm Paroli jetzt,
Auf dass er endlich fallen muss!

 

Doch wie soll man besiegen den,
der machtvoll ist gleich wie ein Gott,
Schon wieder kann ich ihn erspähn,
und wieder ist’s der alte Trott:

 

„Und wieder steh ich hier, der Killer jeder Lust,
Du kennst doch meinen Namen, nicht? Gestatten, Reiner Frust.“

 


III

 

Drum lasst uns rüsten jetzt zur Schlacht,
Nur Widerstand ist’s, was noch zählt!
Zieht gegen das, was hilflos macht!
Zieht gegen das, was euch so quält!

 

Und kein Erbarmen, kein Verzagen,
Gönnt ihm bloß eure Gnade nicht!
Ich selber würde ihn erschlagen,
Doch solche Waffe gibts noch nicht.

 

Doch schlagen kann man ihn, den Schuft,
Wir selbst, wir müssen stark nur sein,
Verscharren ihn in tiefster Gruft,
Verhöhnen ihn, kommt, stimmt mit ein:

 

„Du raubst uns nicht mehr unsre Lust,
Fahr doch zur Hölle, Reiner Frust!“

 

                                                        Jun. 1988

 

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