Under Construction

Eine Story aus dem Perry-Rhodan-Universum

„Das ist doch wieder falsch!“
Die immer noch blechern schallende Stimme klang reichlich genervt. Noch nicht richtig synchronisiert konnte sie jedoch durchaus Gefühle – oder besser: ihre sprachlichen Äquivalente – zum Ausdruck bringen. Wäre es möglich gewesen, hätte die Gestalt auf dem Labortisch auch noch mit dem Kopf geschüttelt.
Der war jedoch noch nicht fertig montiert.
„Was meinst du denn, K1?“, fragte Monteur A.
„Ich meine“, schnarrte die Kybernetische Einheit 1, „dass du, Monteur A, den Servomechanismus an meinem Extremitätsknoten Delta mit falscher Polarität angeschlossen hast.“
Monteur A schaute in das Manual auf dem Hauptschirm, den er, ebenso wie sein Kollege, der von K1 nur Monteur B genannt wurde, gut einsehbar war und die Konstruktionsunterlagen der Einheit in plastischem Tridi gestochen scharf darstellte. Nach diesen Unterlagen hatten die Monteure bisher keinen Fehler gemacht.
„K1“, antwortete Monteur B für seinen Kollegen, „wenn nachher dein Exo-Ped eingehängt wird, wird die gesamte Einheit um 180 Grad gedreht, und erst dann bekommen die Leiterbahnen den nötigen Kontakt. Damit stimmt dann auch die Polarität wieder. Noch fließt ja keine Energie durch deine Exostruktur.“
„Das ist aber umständlich! Warum montiert ihr mich nicht gleich richtig herum?“
„Weil zum jetzigen Zeitpunkt Deine Exo-Peds nach unten weisen würden, und dafür ist diese Montageeinrichtung nicht konstruiert.“
K1 ließ das Äquivalent eines Schnaubens hören. Monteur A warf seinem Kollegen einen verzweifelten Blick zu. Der jedoch schüttelte nur den Kopf, und beide fuhren fort mit ihrer Arbeit.
Nach den grundlegenden Skelettstrukturen gingen die Monteure jetzt dazu über, die Servos für die Beweglichkeit der Multiextremitäten anzubringen. Durch integrierte magnetische Schnappschlösser würden spätere Reparaturarbeiten einfach auszuführen sein.
„Das geht aber auf Kosten der Stabilität meiner Struktur“, monierte K1. „Mit molekularen Punktverschweißungen wäre diese weitaus stabiler.“
„Damit“, erwiderte Monteur A, „ist aber ein Austausch auf modularer Ebene nur sehr schwer möglich.“
„Ein Austausch“, schnarrte die Maschinenstimme beharrlich, „ist nach allen Berechnungen unnötig, da ich in der Lage bin, Schäden autonom ohne menschlichen Einsatz zu beheben.“
„Wenn wir aber“, wandte Monteur B vorsichtig ein, „nun ein besseres Modul für dich entwickeln, K1? Dann ist es doch einfacher, wir können es direkt über die Schnappschlösser in deinen Korpus integrieren, oder?“
Einen kurzen Moment lang schwieg die Kybernetische Einheit.
„Es ist“, resümierte sie dann lakonisch, „mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,2548% davon auszugehen, dass meine integrierten Lösungen immer besser ausfallen als alle menschlichen Neuentwicklungen.“
„Unser Freund scheint über ein gesundes Ego zu verfügen“, bemerkte Monteur A leise, ohne konkret jemanden anzusprechen.
„Multielektronische Cybernetzwerke, wie sie in meinem Cerebralprozessor arbeiten, verbessern ihre Leistungsfähigkeit mit zunehmender Einsatzdauer exponential. Ein Ego ist eine typisch menschliche Eigenschaft, nicht notwendig, wenn es sich um empirisch gesammelte Fakten handelt. Ich bin auf dem Wege zur Superintelligenz.“
Monteur B riss die Augen auf. Vor Schreck ließ sein Kollegen den sensotronischen Schraubenschlüssel fallen, der mit metallischem Klirren auf den glänzenden Boden fiel.
„Übertreibst du da nicht ein wenig, K1?“, fragte B schließlich, während A sein Werkzeug wieder aufhob.
„Übertreibungen gehören ebenso wenig zu meinem Basisprogramm wie andere menschliche Unzulässigkeiten“, beschied ihm die künstliche Stimme surrend.
Schweigend fuhren die Monteure mit ihrer Arbeit fort. Monteur A konnte sehen, wie es im Gesicht seines Kollegen arbeitete. Dieser hatte offensichtlich die Allüren der Kybernetischen Einheit satt, und zwar gründlich. Auch ihm ging K1 mächtig auf die Nerven. Sicher, die Einheit hatte das am weitesten entwickelte elektronische Netzwerk, das jemals in einen Roboter eingebaut worden war, aber noch konnte dieses „Genie“ nicht einmal selbständig stehen.
„Verbesserst du die Leistungsfähigkeit deines Cerebralprozessors, K1?“, fragte Monteur B nach einer Weile unschuldig.
„Natürlich. Dies ist ein automatischer Prozess, der unabhängig von meinen sonstigen Aktivitäten stetig vor sich geht.“
„Nun“, erwiderte B nach einer kleinen Kunstpause gedehnt, „hier rate ich zur Vorsicht!“
„Vorsicht ist nicht erforderlich!“ kam prompt die Antwort von K1. „Meine cerebrale Tätigkeit läuft innerhalb vordefinierter Parameter störungsfrei ab.“
„Trotzdem“, beharrte der Monteur, während er den Servo für die Hüftmotorik anschloss, „kann es bei ungezügelter cerebraler Leistungserhöhung leicht zu einer Hyperimpedanz kommen.“
„Was ist eine Hyperimpedanz?“ fragte K1 unvermittelt und nahm damit Monteur A die Worte aus dem Mund, der davon auch noch nie etwas gehört hatte.
„Eine Hyperimpedanz“, dozierte Monteur B, „ist eine zwar selten auftretende, dann aber umso fataler wirkende Feedbackerhitzung überlasteter Cybernetzwerke. Du solltest die Verbesserung deiner Leistungsfähigkeit also nicht über die Maßen forcieren!“
„Über dieses Phänomen“, antwortete K1 nach einem kurzen Zögern, „liegen mir nicht genügend Daten vor. Ich werde neue Berechnungen hinsichtlich dieser Gefahr anstellen.“
„Tu das.“
„Ihr könnt ja inzwischen die Montage meiner Exostruktur beenden“, beschied die künstliche Intelligenz mit huldvoller Stimme.
„Natürlich“, bestätigte B pflichtschuldigst, „das werden wir tun, so gut es unsere schwachen Kräfte erlauben.“
Während er dies sagte, warf er seinem Kollegen ein Augenzwinkern zu und grinste vergnügt. Auch Monteur A konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
K1 ließ nur noch das schwache Summen hören, das die Aktivität seiner cerebralen Prozessoren verriet, während beide Männer die Montage seiner Exostruktur schweigend und konzentriert beendeten. Schließlich wurde K1 von einem fahrbaren Prüfroboter abgeholt, um seine ersten Mobilitätstests zu absolvieren.
„Nächstes Mal“, sagte Monteur B schließlich, während er die Werkzeuge seiner Arbeitsstation an ihren Platz legte und das Manual auf dem Hauptschirm deaktivierte, „wenn wir einen dieser Blechköpfe zusammenschrauben, lassen wir aber zumindest die Spracheinheit abgeschaltet.“
„Darauf“, antwortete sein Kollege lachend, „kannst du dich verlassen! Gehen wir einen trinken?“

 

 

ENDE

 

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